Was für eine schöne, neue Welt! Irgendwie hatte ich das Gefühl, alles sei bunter geworden, freundlicher, angenehmer. Selbst das bescheidene Wetter konnte meine Stimmung nicht trüben! Ich stand auf, machte mir Frühstück, dann ging ich duschen. Alles war so schön irgendwie! Ich war nicht mehr der Aussenseiter, der von keiner Frau beachtet wurde. Klar, deshalb war ich jetzt nicht der Frauenheld und konnte mir abends eine aussuchen, die mit mir nachhause gehen würde. Aber, ich war nicht mehr so isoliert! Abends würde ich in die Kneipe gehen und mich darauf freuen, was alles passieren könnte.
Zum ersten Mal seit dem Sommer, machte es mir auch Spass zu zocken. Ohne grosses Ziel, einfach drauflos. Bei einem Ego-Shooter, bei dem ich normalerweise recht gut war, versagte ich kläglich. Im Allgemeinen ein Moment, wo ich an mir stark zweifelte und der Meinung war, ich war einfach zu nichts zu gebrauchen. Aber nein, dieses Mal ärgerte ich mich zwar über meine eigene Dummheit, dass war es aber auch schon.
Gut, es kam der Abend und zum ersten Mal, ich weiss, ich wiederhole mich, stand ich nicht Stundenlang vor dem Kleiderschrank, um ein Outfit zu wählen, welches mir in irgendeiner Form Chancen bei einem Mädel einbringen könnte. Ich zog einfach an, was ganz oben lag und war fertig.
Tatsächlich kam es auch so, wie ich es erhofft hatte. Schon nach 20 Minuten stand ich an der Theke und hatte meinen Arm um die Talie einer meiner Freundinnen liegen. Die fand das überhaupt nicht schlimm, sondern redete mit ihrer Freundin einfach weiter und störte sich nicht an meiner Berührung. Genauso, wie ich es bei den anderen Jungs auch immer wieder sah. Es lag also nicht daran, dass die es nicht von mir wollten, sondern ich war einfach nur zu dämlich, um es zu tun!
Dann der nächste Meilenstein in meinem Leben. Irgendwie hatten sie mich überredet, mit Billard zu spielen. Gerade ich! Ich war in diesem Spiel so unglaublich schlecht, dass ich die Schwarz sogar versenken konnte, ohne sie zu berühren. Doch wo lag das Problem? Es war doch nur ein Spiel und ich musste anerkennen, dieses Mal war ich gar nicht so schlecht. Das lag unter anderem anscheinend daran, dass ich mich nicht unter Druck setzte. Die ganze Zeit zuvor hatte ich immer das Gefühl, wenn ich nicht gut spielen würde, wäre ich auch ein Versager bei den Girls. Nun war es mir egal und irgendwie, es klappte deutlich besser. Natürlich nicht einmal im Ansatz so, dass ich eine Chance auf den Sieg gehabt hätte, aber ich war kein Vollversager mehr.
Das war aber nicht dieser Meilenstein. Einmal beugte ich mich weit über den Tisch, da ich ansonsten nicht an die weisse Kugel gekommen wäre. Alternativen zum Anspielen hatte ich keine, also musste es in diese Richtung gehen. Während ich also da lag und zielte, stellte sich eins der Mädels genau in meine Schussbahn. Auch sie beugte sich nach vorne und gab mir einen ziemlich tiefen Einblick in ihr Oberteil. Ja leck mich! Kein BH! Alles perfekt geformt und als ich meinen Stoss vollführte, flog die Weiss so weit an meiner Kugel vorbei, dass war schon richtig peinlich. Sie lachte natürlich und klatschte bei ihrer Freundin ab. Wie geil war das denn? Zum ersten Mal, ja, ja, Wiederholung, hatte eine Frau ihre Waffen eingesetzt, um mich abzulenken und klatschte das auch noch ab. Brutal!
Es kam das, worauf ich mich irgendwie schon freute. Abigail kam in die Kneipe. An ihrer Hand natürlich Roman, wie hätte es anders sein sollen. Als ich sie sah, ging ich sofort zu ihr und nahm sie in den Arm. Doch was machte sie? Sie schob mich weg! Also das lief keines Wegs nach Plan! Ganz im Gegenteil! Aber gut, einen Fehlschlag konnte ich mir leisten, ohne gleich wieder abzustürzen.
Etwas später am Abend, ich ignorierte das grenzwertige Fummeln der Beiden, erwischte ich Abigail alleine. Ich ging zu ihr und fragte, ob bei ihr alles okay sei. Sofort ging der Wasserfall los. Sie sei so glücklich, so unsagbar glücklich. Roman sei der Traum eines Mannes! Er sei zuvorkommend zu ihr, liebevoll, zärtlich, einfühlsam, aufmerksam und er sei der beste Liebhaber, den sie jemals hatte.
Autsch! Für den Pessimisten war das ein gefundenes Fressen. Er sah die Bildern, die er mir immer wieder von Roman und Abigail in den Kopf malte, als bestätigt. Das tat mir irgendwie doch schon ganz schön weh! Aber Abigail wurde noch radikaler!
Als sie sah, dass Roman sich näherte, bat sie mich um Entschuldigung, aber sie müsse sich jetzt entfernen. Natürlich fragte ich, was das denn solle und wusste gar nicht, wie dumm diese Frage war. Die Antwort, die ich darauf bekam, war vernichtend. Sie sagte mir, Roman wollte nicht, dass sie mit einem Etwas wie mir Kontakt hatte. Das würde ihr und sein Ansehen beschmutzen. Also das war schon brutal, sie konnte es aber noch toppen!
Dumm wie ich war fragte ich, ob sie das einfach so akzeptieren würde. Als Antwort bekam ich die schlimmsten Worte, die ich jemals gehört hatte. Wenn es darum ging, einen Mann wie Roman zu halten, oder einen Freund wie mich, dann musste sie sich für Roman entscheiden. Auch wenn es ihr für mich sehr leid tat.
Da ging es hin, mein neugewonnenes Selbstvertrauen. Der Pessimist hatte sofort wieder die Kontrolle, sah es wie Abigail und wünschte ihr alles gute. Der Schmerz war so gross, dass ich meinen Geldbeutel nahm, einen Schein auf die Theke unter meinen Deckel legte und ging. Waren nur 50€, wobei ich wohl noch keine 10€ auf dem Deckel hatte. Mir war das jedoch egal. Ich wollte nur noch weg. Ich hatte sogar vergessen meine Jacke mitzunehmen und spürte gar nicht, wie kalt es da draussen war.
Noch in Kleidung und Schuhen fiel ich in mein Bett und heulte, bis der Tank irgendwann leer war. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Ich und jemand, der mit Frauen Spass haben konnte! Ich war nur ein Schandfleck, der das Ansehen beschmutzte. Am Besten wäre ich an Ort und stelle verendet und hätte die Welt von meiner Anwesenheit befreit. Leider tat mir das Schicksal diesen gefallen nicht und irgendwann schlief ich dann ein.
Am Morgen wurde ich geweckt. Jemand klingelte so massiv bei mir Sturm, dass selbst mein geknicktes Ego es nicht ignorieren konnte. Wie ein Haufen Elend schlurfte ich zur Tür, öffnete sie und wurde beinah von Janine umgerannt.
»Boah, diese Schlampe! Ich hab die ganze Scheisse gestern erzählt bekommen und wenn du mal an dein beschissenes Handy gehen würdest, dann hättest du jetzt keine so verheulten Augen!«
»Janine, lass gut sein. Sie hat doch Recht! Sich mit mir abzugeben schadet doch nur! Wer will schon mit mir gesehen werden?«
»Wer mit dir gesehen werden will? Tony, ich will an Silvester mit dir vögeln und habe keine Scheu davor, es in der ganzen Kneipe zu erzählen! Also hör auf so einen dämlichen Scheiss von dir zu geben, nur weil diese Bitch das gesagt hat!«
»Nenn sie bitte nicht so!«
»Wie bitte? Verteidigst du sie auch noch? Du weisst genau, ich stehe total auf Roman. Aber wenn er mir so etwas gesagt hätte, dann hätte er seinen Schwanz nehmen und ihn sich selbst irgendwohin stecken können! Du bist vielleicht kein Modell, aber einer der besten Männer die ich kenne! Lieber verzichte ich auf den geilsten Sex und einen heissen Typ, als jemandem wie dir wehzutun!«
Das tat mir tatsächlich gut, war für den Pessimisten aber noch viel zu wenig.
»Ist schon okay Janine. Es tat nur ziemlich weh, ich bin in Ordnung!«
»Einen Scheiss bist du! Ich hab doch gestern gesehen, wie du aus der Kneipe geschlurft bist und auch noch deine Jacke hängengelassen hast! 50€ hast du auf die Theke gelegt und du erzählst mir, dass du in Ordnung bist?«
»Janine, bitte! Alles ist okay. Ich war nur ein paar Tage nicht ganz ich selbst. Ich muss einfach wieder auf meinen Platz zurück.«
»Wie bitte was? Auf deinen Platz? Der ist genau da, wo er die letzten Tage war! Die anderen Mädels sagen alle wie toll es ist, dass du endlich mal aus dir rauskommst und die finden dich klasse, so wie du die letzten Tage warst! Also erzähl nichts von deinem Platz! Wo sind wie denn? In Schlampenhausen?«
»Das war nicht ich Janine. Mir steht das nicht zu!«
»Alter, wenn du noch einmal so einen Schachsinn von dir gibts, dann klatscht es, aber kein Beifall!«
»Und warum? Was soll das alles? Keine will was von mir! Die sind nur freundlich und haben Mitleid! Das will ich aber nicht!«
Und es klatschte. Aber auf eine ganz andere Weise, als ich erwartet hatte. Mit einem Mal stand Janine vor mir. Bevor ich irgendetwas sagen, oder auch nur denken konnte, hatte ich ihre Lippen auf meinen und zum ersten Mal spürte ich eine fremde Zunge an meiner. Das war ein Kuss! Ein echter Kuss, von einer echten Frau und der war dazu auch noch brutal fordernd und machte nicht den Eindruck, als wäre er aus Mitleid.
»Na? Fühlt sich das so an, als wärst du ein Schandfleck?«
Nope, so fühlte es sich nicht an. Den Schandfleck hatte ich dafür wieder in meiner Hose, also mal wieder Unterwäsche wechseln!