Freundschaft

Das musste ich Janine lassen. Sie verwirrte mich so extrem, dass selbst der Pessimist keine Chance mehr sah, irgendwelche Einwände zu erheben. Sie schaute mich an und grinste.

»Dein erster Kuss?«

»Ich bin mal geküsst worden. Damals, in der Schule, bei einem Ausflug. Im Zug haben wir Pflicht oder Wahrheit gespielt.«

»Mit Zunge?«

Verlegen schüttelte ich den Kopf.

»Dafür war das gar nicht schlecht! Könnte ich mich dran gewöhnen!«

Ja wie jetzt? Sich dran gewöhnen? Die wollte doch nicht etwa …

»Soll das etwa heissen du …«

»Ganz ruhig brauner! Nein, soll es nicht heissen! Aber sagen wir mal so, wenn ich gewusst hätte, wie angenehm es ist dich zu küssen, dann hätte ich das vor ein paar Tagen sicher auch schon gemacht, als ich bei dir geschlafen hab.«

»Einfach so?«

Die Frage kam so schnell, ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich sie überhaupt stellen wollte.

»Klar, ist doch nichts dabei! Ich hab schon oft mit Jungs rumgeknutscht, einfach nur so. Da braucht keiner was falsches zu denken!«

Na gut, soweit konnte ich das noch nachvollziehen.

»Solang es nicht mehr ist!«

Sie fing an frech zu grinsen.

»Ich hab auch schon mehr gemacht! Einfach nur so.«

Ich war schockiert. Aber nicht, weil sie offensichtlich schon rein zum Spass Sex hatte, sondern aufgrund der Tatsache, dass es sie in meinen Augen deutlich aufwertete. Nur warum, dass wusste ich nicht. Ich wusste aber, was ich zu tun hatte. Hose wechseln! Ich hatte zwar keinen vorzeitigen Abgang, dafür war der Tankinhalt zu gering, aber für einen ordentlichen Fleck dürfte es gereicht haben. Janine lachte.

»Hör mal Tony, also was das angeht, da müssen wir definitiv üben, sonst fällt Silvester ins Wasser!«

Und wir übten! An dem Tag und noch an dem nächsten. So intensiv, dass wir sogar Abends nicht weggingen und sie wieder bei mir schlief. Das wurde zu einer angenehmen Gewohnheit, um ganz ehrlich zu sein. Ich will da jetzt auch nicht zu sehr ins Detail gehen, aber beim Üben ging es ganz schön heiss her! Eine ganze Zeit lang lief sie nur in Unterwäsche rum. Als ich mich daran genug gewöhnt hatte, um nicht bei jeder halbwegs erotischen Bewegung von ihr einen Notfall auszurufen, sollte ich ihr dann den BH öffnen.

Stichwort BH. Wer zur Hölle hat die Verschlüsse erfunden? Gibt es ein eigenes Studienfach, für das Öffnen von BHs? Das ist doch unmenschlich! Jede Wette, der Verschluss kommt noch aus der Zeit der Inquisition, oder dem finsteren Mittelalter. Das war doch mit absoluter Sicherheit mal irgendein Folterinstrument!

Aber gut. Sie kam mir zur Hilfe und den Rest des Abends musste ich sie oben ohne überstehen. Alter Schwede! Mir war nicht bewusst, wie viele Unfälle ein einzelner Mann binnen einer Stunde haben konnte und ich war heilfroh, dass mich der Wunsch ein möglichst perfektes Bild für Frauen abzuliefern dazu gebracht hatte, Unmengen an Unterwäsche zu kaufen.

Zum guten Schluss, ein weiterer Meilenstein in meinem Leben, bevor wir nach einer wunderschönen Nacht und einem sehr angenehmen Tag in die Kneipe gingen, musste ich ihre Brüste berühren. Überraschenderweise, auch wenn meine Erregung eine Höhe erreichte, dass der Mond schon zu einem todbringenden Geschoss wurde, es kam zu keinem Zwischenfall! Wahnsinn! Sie schien es wirklich geschafft zu haben.

Dann der Abend und eine Janine, die mein ganzes Weltbild erschütterte! Abigail war schon vor uns da und auch Roman war nicht fern. Als sie mich sah, hatte sie richtig Angst in den Augen. Wahrscheinlich befürchtete sie, ich würde wieder zu ihr kommen, oder ähnliches. Doch selbst wenn ich es gewollt hätte, Janine hatte ganz andere Pläne. Noch bevor ich irgendetwas tun konnte, hatte sie mich schon an der Hand und schleifte mich ins Billardzimmer. Bald danach tauchten dort auch Abigail und Roman auf, wobei Janine anfing, immer ganz dicht bei mir zu sein, auch immer wieder nach meinem Arm zu greifen und ähnliche, intime Dinge.

Das hatte zwei vorzügliche Effekte. Erstens, Abigail schien Schuldgefühle zu bekommen. Gut so, die durfte sie haben und lange behalten! Ausserdem lenkte es mich ab. Da folgte Meilenstein auf Meilenstein und ich kam gar nicht dazu, mir irgendwelche Gedanken über Abigail und Roman zu machen.

Doch damit nicht genug! Auch die anderen Mädels und die Jungs taten ihr Möglichstes, um mich bei Laune zu halten. Die Jungs, indem sie mich in alle Aktivitäten mit einbezogen. Billard, Dart, irgendwelche Würfelspiele, bei denen ich bis heute nicht weiss, wie sie eigentlich funktionieren. Die Mädels stritten sich gelegentlich darum, wer nun zu mir in den Arm durfte, wer bei mir auf dem Schoss sitzen und wer mit mir was trinken konnte. Zwar war ich mir nicht ganz sicher, ob das nicht ein von Janine inszeniertes Spiel, oder alles echt war, aber das war mir in dem Moment ja so herzlich egal! Mir ging es Übergebühr gut und auch eine Abigail konnte das nicht verhindern.

Als ich dann langsam den Heimweg antreten wollte, Janine wie selbstverständlich ihre Jacke nahm, ebenfalls bezahlte und mit mir zusammen ging, war ich fast im siebten Himmel. Es war sehr ähnlich wie damals, als ich eine beinahe Freundin hatte. Mit dem Unterschied, ich hatte keine intensiveren Gefühle für Janine. Ich hatte sie super gern und genoss ihre Anwesenheit in vollen Zügen, aber verliebt war ich definitiv nicht und das war auch sehr gut so!

Dieses Jahr musste ich übertrieben brav gewesen sein, denn der Weihnachtsmann hatte so viele Geschenke für mich, dass er viele davon vorab schon verschickt hatte. Das grösste Geschenk dabei hiess Janine, die in mein Bett krabbelte, als wäre es gänzlich normal. Ich legte mich dazu, rutschte unter die Decke und freute mich, dass ich wieder nicht alleine schlafen musste. Janine war übrigens mal wieder oben ohne, um mein Training zu intensivieren. Wieder ohne Ernstfall! Hervorragend.

Doch in mir stieg ein dringendes Bedürfnis. Ich hatte den ganz starken Wunsch, mich bei Janine zu bedanken und das tat ich dann auch. Ich sprach ganz leise.

»Danke Janine.«

»Wofür denn?«

»Für alles. Was du da für mich machst, dass werde ich dir nie vergessen!«

»Ach Käse! Ich mache gar nichts, ich gebe nur zurück!«

»Wie meinst du das denn?«

»Tony. Wie lange kennen wir uns jetzt? Vier Jahre? Fünf? In der Zeit warst du immer für mich da. Sei es, um mich zu trösten, mir bei irgendetwas zu helfen, mich zum lachen zu bringen, oder um einfach nur da zu sein. In der ganzen Zeit warst du der Einzige, auf den ich mich immer, wirklich immer verlassen konnte. Du hast mich nicht einmal enttäuscht, mir immer die Wahrheit gesagt. Du hast dafür nie etwas verlangt und ich hab dir nie etwas dafür gegeben. Also. Du hast dir das alles weit mehr als verdient und um dir alles zurückzugeben, müsste ich noch viel, viel mehr machen!«

»Du bist doof! Ich mache das doch alles gern! Dafür will ich nichts!«

»Siehst du! Genauso mache ich das gerne! Ich mache das nicht aus Mitleid, oder Schuldgefühlen. Ich mache es, weil ich es will und weil ich es gern tue. Wenn ich ehrlich bin, es gibt eine ganze Reihe Typen, mit denen hatte ich in mehren Monaten nicht mal halb so viel Spass wie mit dir im Moment!«

Wow. Das waren die schönsten Worte, die je jemand zu mir gesagt hatte! Sie toppten alles, was ich seither mit Janine erlebt hatte und waren sogar besser als der Gedanke, an Silvester mit ihr intim zu werden. Unglaublich, diese Frau.

»Es gibt übrigens doch etwas, was du für mich tun könntest!«

Auftritt Pessimist! Der witterte schon die Schweinerei hinter ihrer Freundlichkeit. Wahrscheinlich würde sie mich gleich um ein neues Auto bitten, oder etwas ähnlich brachialem, womit ich ihre Freundlichkeit zu bezahlen hatte. Ängstlich reagierte ich schliesslich darauf.

»Und was?«

Ihr Stimme wurde ganz zärtlich, leise und auch ein wenig hoffnungsvoll.

»Nimmst du mich in den Arm?«

Gefahr! Gefahr! Gefahr!

Das war definitiv nicht, was ich erwartet hatte. Ausserdem, ihr nackter Oberkörper an meinem? Ich würde das Bett in ein Schwimmbecken verwandeln! Aber der Gedanke war schön, sie im Arm zu halten. Ob nackt, oder in einem dicken Mantel. Ich rollte mich auf die Seite, sie rückte an mich heran und ich schloss meinen Arm um sie. Irre! Kein verfrühter Abgang! Es war einfach nur schön!

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