Falsche Hoffnungen (Teil 2)

»Tony glaub mir, Roman meint das ernst bei mir. Überleg mal, wir sind jetzt schon ein paar Tage zusammen und er hat noch nicht einmal versucht, mir an die Wäsche zu gehen!«

Natürlich nicht! Roman war ja auch nicht dumm! Der hatte Erfahrung und wusste genau, wie man Vertrauen aufbaut.

»Gail, warum erzählst du mir das eigentlich?«

»Cool. Das weiss ich gar nicht! Ich hatte aber sofort das Bedürfnis, es dir zu erzählen. Keine Ahnung warum.«

Och, ich konnte es mir denken. Es war schliesslich ein wohl bekanntes und gern gespieltes Spiel, mir das Herz aus der Brust zu reissen und damit Fussball zu spielen. Abigail hatte das Spiel schon wunderbar im Griff.

»Gail, glaub mir bitte wenn ich dir sage, sei vorsichtig bei Roman. Such dir irgendein Mädel aus meinem Bekanntenkreis aus und ich garantiere dir, die werden die alle meine Befürchtungen bestätigen!«

»Cool, du nimmst echt kein Blatt vor den Mund.«

»Und du sagst dauernd cool. Ist das irgendwie eine Sucht, eine verbale Störung?«

Abigail lachte.

»Kein Plan. Du wirst es auch nicht glauben, aber ich hab schon mit ein paar deiner Freundinnen gesprochen. Wenn nur die Hälfte von dem wahr ist, was sie so erzählen …«

»Es ist alles wahr, glaub mir das!«

»Cool! Dann steht mir ja eine total heisse, aufregende und glückliche Zeit bevor!«

Bitte wie? Waren mir die Ohren zugefroren, oder was hatte ich da gerade verstanden?

»Wie meinst du das denn?«

»Na, was die so erzählt haben. Er sei liebevoll, ein traumhafter Liebhaber und hoffnungslos romantisch!«

Moment mal! War ich da hinten irgendwo in die falsche Dimension abgebogen? Ich hatte immer nur gesagt bekommen, Roman sei ein Arschloch, ein dummer Egoist, ein notgeiler Schwanzlurch und so ein Zeug.

»Ähm, haben die das echt gesagt, oder wolltest du das nur hören?«

»Ei klar haben die das gesagt! Ich hab ja auch extra nach dem Haken gefragt, der irgendwo an Roman sein muss. Aber die erzählen alle nur super Sachen von ihm!«

»Dann lügen sie aber mächtig!«

»Tony, ich finde es ja süss, dass du mich beschützen willst. Aber langsam habe ich das Gefühl, du gönnst mir das nicht! Bist du eifersüchtig?«

Na und ob ich eifersüchtig war! Ich dachte schliesslich bis eben noch, dass Abigail irgendwas für mich übrig hatte. Aber tatsächlich war es die Wahrheit, was ich ihr gesagt hatte.

»Eifersüchtig? Warum? Du, bei mir gehört mehr dazu mich zu erobern, als nur toll auszusehen!«

»Cool. Dann tu mir bitte einen Gefallen! Lass mir mein Glück. Okay?«

Ja. Toll. Am Besten sollte ich ihr noch alles gute wünschen, oder wie?«

»Das tue ich Gail und ich wünsche dir, dass ich mich irre!«

Weiter sprachen wir nichts mehr und ich war begierig darauf, zurück in die Kneipe zu kommen und die Mädels mal zu fragen, was sie ihr da für einen Schwachsinn erzählt hatten. Zu meinem Entsetzen, als ich die Mädels, die einst bei mir wie ein Schlosshund geheult hatten, danach fragte, hatten sie tatsächlich nur die besten Worte für Roman übrig. Waren die alle auf einem schlechten Trip?

Viel schlimmer waren aber die folgenden Tage. Abigail tauchte jeden Abend in der Kneipe auf und hatte jedes Mal Roman im Schlepptau. Das war schon schlimm, sie aber so glücklich zu sehen, war noch viel schlimmer. Vor allem, weil Roman sich auch noch echt Mühe gab und die anderen Mädels vor Neid am platzen waren. Das ging mir mal so richtig auf den Sack und so gut ich konnte mied ich eine Konfrontation mit ihr.

Nachts lag ich dann wieder in meinem Bett, heulte mir die Augen aus dem Kopf und verfluchte den Tag, an dem ich auf die Welt gekommen war. Was sollte ich eigentlich auf dieser verrotzten Kugel? Wenn ich weg war, tat das irgendjemandem weh? Klar, ein paar würden es bedauern, dass ich weg war. Es würde aber niemandem das Herz brechen, keiner würde einen tiefen Verlust verspüren und genau genommen würde das Leben einfach so weitergehen. Man würde mich bald vergessen und der nervige Tony war weg, der den anderen ganz gerne mal die Stimmung mit seinen Depressionen verhagelte.

Weihnachten. Was für eine beschissene Zeit! Wäre es Sommer gewesen, dann hätte ich das alles besser verkraftet. Irgendwie, wenn es warm war und die Sonne lange schien, fühlte ich mich besser. Mittlerweile war es erst nach acht morgens hell und schon kurz nach fünf abends wieder dunkel. Das deprimierte mich zusätzlich und daheim sitzen war einfach zum kotzen! Mein Computer machte mir keinen Spass, die Konsolen nicht, ich fand irgendwie nur Filme, die total romantisch waren und wenn nichts von meinem Heimentertainment lief, war es auch scheisse.

Schlussendlich ging ich dann doch immer wieder in die Kneipe und setzte mich den Qualen aus, die ich dort erleben durfte. Dort hatte ich wenigstens noch Leute um mich, dich mich dann und wann sogar zum lachen brachten. Nicht oft, aber besser als daheim zu versauern.

Mich traf jedoch der Schlag, als Abigail mich ein paar Tage später wieder mit nach draussen nahm. Das stürzte mich schon in tiefe Verzweiflung, doch als sie mir dann noch stolz ihre Hand hinhielt und ich einen offensichtlich sehr teuren, silbernen Ring an ihrem Finger zeigte, war meine Stimmung vollends im Keller. Der kam von Roman und war angeblich ein Zeichen seiner Liebe.

Hatte ich mich denn so in Roman geirrt? Ich hätte nie mitbekommen, dass er seine Weiber mit Geschmeide ausstattete, vor allem nicht mit solchem. War er etwa wirklich in sie verliebt? Meinte er es ernst und wollte wirklich mit ihr zusammen sein?

Ganz klasse! Nicht nur, dass ich tierisch eifersüchtig war, die anderen Mädels dafür verachtete, dass sie aus dem Typ einen Heiligen machten, der bislang nur ein Arschloch für sie war. Nein! Jetzt schien der das auch noch ernst zu meinen und machte Abigail damit glücklich. Dazu kam noch, ich gönnte ihr dieses Glück und verachtete mich selbst dafür. Was sollte ich da jetzt machen?

Ich tat etwas, was ich bislang nie gemacht hatte. Ich nahm sie in den Arm und wünschte ihr alles Glück der Welt! Noch nie hatte ich die Initiative übernommen und den Kontakt zu einer Frau gesucht. Nun tat ich es und das, weil ich ihr für etwas Glück wünschte, was mir persönlich weh tat. Ganz ehrlich, hatte vielleicht ich eine linksdrehende Gehirnzelle im Kopf?

Nun gut, was blieb mir nach der Nummer anderes übrig, als mal wieder nach der Flasche zu greifen? Ich hatte es früher schon oft befürchtet, dass mich Weihnachten irgendwann zum Alkoholiker machen würde. Dieses Weihnachten schien das tatsächlich zu erreichen!

Aber, dieses Mal führte der Alkohol tatsächlich zum Ziel! Nachdem ich genug Spannung hatte, um den halben Ort zu erleuchten, ging es mir überraschend gut! Bis zum nächsten Morgen!

Nein, ich hatte keinen Kater. Aber auch keine Erinnerung daran, wie ich nachhause gekommen war und noch viel weniger, warum eins der Mädels bei mir im Bett lag. Oben ohne! Hiess das etwa, ich hatte in der Nacht mein erstes Mal und konnte mich nicht mehr daran erinnern? Wie scheisse war das denn bitte? Ausserdem war es auch noch eine der Begehrtesten aus unserer Gruppe. Hatte ich da also tatsächlich den richtigen Knopf gefunden, um sie von mir zu begeistern? Wenn ja, wie zur Hölle hatte ich das gemacht? Daran konnte ich mich natürlich auch nicht mehr erinnern!

Nun ja, nachdem sie wach wurde löste sich das Rätselraten in Wohlgefallen auf. Ich war so besoffen, dass sie mich nachhause gebracht hatte. Vor der Haustür hatte ich sie ordentlich vollgekotzt und sie ging duschen. Hinterher musste ich dann wohl so erbärmlich gewesen sein, dass ich heulend darum bat, dass sie bei mir blieb und irgendwie musste ich dann auch noch gebettelt haben, dass sie sich nicht anzog. Sie kam dem dann in den Morgenstunden nach, weil ich ihr zum einen auf den Sack ging und zum anderen genug Mitleid in ihr auslöste.

Lange Rede, gar kein Sinn, ich war ein armseliges Würstchen, das im vollen Kopf eine Freundin anbettelte, nackt bei ihm zu übernachten. Weder ich hatte etwas davon, noch schien sie darin etwas zu sehen. Ich war schon eine ganz schöne Lachnummer, wenn ich mal ganz ehrlich war. Kein Wunder, dass ich keinen Stich bei den Frauen hatte. Wer gab sich denn schon gerne mit so einem fetten Weichei ab? Selbst ich hätte nichts mit mir angefangen, da ich ja wirklich so eine Nullnummer war. Aber gut, immerhin hatte ich Möpse gesehen und wie ich anerkennen musste, es waren unglaubliche Möpse! Gross, perfekt geformt und zum anbeissen!

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